Ein plötzlicher Todesfall ist meistens schlimm. Dieser kam besonders unerwartet: Am Mittwoch konnte man in der Zeitung lesen, dass die „Bazille“ für immer schließen wird und zwar am Tag darauf!

Die Bazille, seit mindestens 15 Jahren unsere Chorkneipe…ein Schock! Und dann folgte Traurigkeit. Im Laufe der Jahre haben wir dort mit wechselnden Chormitgliedern gesessen. „Neue“ Leute sahen manchmal nur das zugegebenermaßen mäßige Essen, die alte Einrichtung, den Rauch aus dem Raucherzimmer oder den Chemie-Duft aus den Toilettenräumen, neben denen unser Stammtisch war.

Aber die Bazille war viel mehr, es war ein Teil von Gospelboat. Schon 1991/1992, als wir unsere erste CD in einem Studio in der Waitzstraße aufnahmen, aßen wir in der Bazille zu Mittag.

Unsere Stammkneipe nach der Probe wurde sie aber erst später, nach Litfaß, Club 68 und? Ich erinnere mich gerade nicht. Auch im Trio waren wir ab und zu.

Ein entscheidender Pluspunkt der Bazille war ihre Flexibilität. Ob wir mit fünf oder fünfzehn Personen kamen, es war immer in Ordnung. Zwei Tische waren für uns reserviert und mit einer kleinen Gruppe gaben wir einen wieder frei.

Die Lage war in gewisser Weise perfekt, denn aufgrund der Parkplatzsituation war es schlau, auf dem Sky-Parkplatz zu parken. Auf dem Weg zur Bazille oder zurück konnte man ganz bequem die restlichen Sachen fürs Wochenende einkaufen – manchmal auch zweimal. :-)

Der Vorteil unserer langjährigen Beziehung zur Bazille war, dass man die Speisekarte im Kopf hatte, und so überlegte ich oft schon am Ende der Probe, was ich essen könnte. Man konnte dort nicht alles genießen, aber einige Gerichte mochte ich sehr gern, und so ging es auch vielen anderen. Manche aßen ritualmäßig Maccheroni Romana, MIT WENIG SAUCE, das war ganz wichtig. Ich bin ab und zu schwach geworden und aß Gyros mit Pommes, was mir nie wirklich bekommen ist und immer Bauchweh nach sich zog, weil ich unbeherrscht alles aufaß.

Ein ganz wichtiger Teil dieses Rituals war für mich unsere Stammkellnerin Sandra. Sie kannte unsere Namen eigentlich nicht, aber sie wusste oft, was wir essen wollten. Als wir ihr einmal sagten, dass eine Person noch kommen würde, fragte sie, ob das die „kleine Hawaii“ sei. Sie lag richtig. :-)

Ich war eine ganze Zeitlang für sie bestimmt nur die „Fiorita“. Aber auch andere Gerichte fand ich sehr lecker. Als ich 2011 in der Klinik war, dachte ich sehnsüchtig an den Hähnchenbrust-Salatteller aus der Bazille. Ich fragte die Ärzte, ob ich mir diesen mitbringen lassen könnte. Die Antwort war nein. :-( Umso mehr habe ich es später genossen, ihn wieder  zu essen.

Eine Sache, Heiko betreffend, war faszinierend. Egal, wann er kam - und er traf meistens als Letzter ein - sein Essen kam in der Regel zuerst. Ich fragte ihn dann: „Wie machst Du das, Heiko?“ Ich wollte den Trick auch gern anwenden. Heiko hat lange bestritten, dass es da eine Systematik gab, aber schließlich musste er als Mathematiker zugeben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sein Essen SEHR SCHNELL kommt, sehr hoch war.

Sandra kannte eben die Hierarchie – oder sie hatte eine Schwäche für ihn. Ich vermute Letzteres.

Es gab im Laufe der Jahre immer mal wieder Überlegungen, die Kneipe zu wechseln. Wir haben auch andere ausprobiert, aber irgendetwas hat uns immer wieder zur Bazille zurückgezogen. Sie war wie eine vertraute alte Heimat.

Nun ist Sandra schon länger nicht mehr da und das Gebäude extrem renovierungsbedürftig. Der Besitzer gibt auf, und wahrscheinlich wäre es auch nie wieder so geworden, wie es war. Wir brauchen definitiv eine neue Stammkneipe.

Liebe Bazille, ich werde Dich vermissen!

Gaby von der Heydt