Lange habe ich auf diesen Tag gewartet: Heute ist Cismar!
Seit nunmehr über 20 Jahren fahren wir jedes Jahr im August an einem Sonntag zum Klosterfest nach Cismar, um dort zwei Gospelgottesdienste zu gestalten.
Dieser Sonntag beginnt gewohnt früh, bereits um 9:00 beginnt das Einsingen, und vor uns liegt ca. eine Stunde Fahrt. Wie fast immer an diesem Tag strahlt die Sonne, und somit ist die Fahrt schon wieder sehr schön.
Pünktlich um kurz vor 9:00 erscheinen wir in der Kirche. Hier befindet sich das Technik-Team in den letzten Zügen des Soundchecks. In der Klosterkirche ist die Akustik für uns immer schwierig, da die Töne stark nachhallen. Diese Veranstaltung stellt stets eine besondere Herausforderung für den Tontechniker dar. Beim Einsingen ist die Stimmung daher noch etwas angespannt.
Aber dann gehen wir alle einigermaßen entspannt in den Nebenraum und starten wenige Zeit später. Mit Come let us sing eröffnen wir den heutigen Gospel-Marathon. Dies soll das heutige Motto sein, sagt Gaby in ihrer Begrüßung. Zuvor hat uns der zuständige Pastor Dr. Schönle begrüßt. Er erzählt von seiner bereits 30-jährigen Freundschaft zu unserem Chorleiter.
Jetzt folgt unser Programm. Dies ist heute nicht ganz so umfangreich aufgrund der Tatsache, dass wir dasselbe Programm in zwei Stunden erneut in Kellenhusen singen. Der Gottesdienst ist wie immer sehr gut besucht, die Kirche ist voll. Das macht auch den besonderen Reiz dieses Auftritts aus. Trotz der für uns ungünstigen Akustik klappt alles hervorragend.
Nach den neuen Stücken He´s got the whole world (neue Fassung) und Hallelujah von Händel folgt Go down Moses. Heiko erzählt die Geschichte von Moses in moderner Sprache. Als er sagt, dass Moses den Job nicht machen will, weil er meint, das sei nicht seine Liga, muss ich lachen.
Going up yonder to reign in Jerusalem finde ich in dieser Kirche immer sehr schön, besonders den Schlussakkord…
Im Unterschied zu sonstigen Konzerten singen wir heute im Gottesdienst I believe in you God (das Glaubensbekenntnis) und das Vaterunser. Nach den Abkündigungen durch Dr. Schönle folgt unser offiziell letztes Lied Glory to god. Die Zuhörer sind begeistert, und wir sind gerne bereit, noch eine Zugabe zu singen, heute ist es Born again. Es ist „mein“ Lied, da ich das Solo seit zehn Jahren singe. Durch meine krankheitsbedingte lange Pause wurde dieses Lied in den letzten anderthalb Jahren nicht bei Auftritten gesungen. Heiko kündigt das Lied dementsprechend an und sagt, dass ich quasi „wiedergeboren“ sei. Das trifft den Nagel ziemlich auf den Kopf, und ich denke schnell an eine lustige Geschichte, die ich letztens erlebt habe. Es wäre ein sehr ungünstiger Zeitpunkt, jetzt in Tränen auszubrechen! Meine innere Ablenkung funktioniert, und ich kann fröhlich mit dem Chor zusammen singen. Es macht wieder richtig Spaß!
Die Zuschauer stehen jetzt auf und fordern eine weitere Zugabe, es ist toll zu sehen, dass ihnen dieser Gottesdienst so gut gefallen hat. Und somit singen wir noch Oh happy day, der Solist ist Sven.
Jetzt müssen wir uns wirklich verabschieden, denn in einer halben Stunde soll bereits der nächste Gottesdienst in Kellenhusen beginnen.
Dort beginnt das ganze Spiel von vorn. Im Gegensatz zu Cismar ist hier die Akustik einfach, wir hören uns sehr gut. Ich merke, dass ich jetzt deutlich textsicherer bin, die Wiederholung macht´s! Und ich habe auch sonst das Gefühl, dass jegliche Anspannung abgefallen ist. Ich finde unser Repertoire im Moment sowieso ganz besonders schön und genieße viele Stücke sehr. Gabriellas Song ist wie immer himmlisch („Wie im Himmel“), und nach dem Stück ertappe ich mich dabei, dass ich fast selbst vor Begeisterung klatsche. Ich kann mich aber gerade noch zurückhalten. ;-)
Bei He´s got the whole world passiert der einzige Patzer des heutigen Tages. An einer kniffligen Stelle singt plötzlich kaum jemand weiter. Heiko löst das sehr kreativ, indem er uns einfach den Refrain singen lässt. Nach einer weiteren Wiederholung kommen wir zum Schluss. Eigentlich wäre das Lied sowieso zu lang, sagt er hinterher zum Publikum. Ganz meine Meinung!
Dann singen wir I see the lord, welches ebenfalls zu meinen Lieblingsliedern zählt. Begeistert singe ich „holy, holy, holy!“, aber dann kommt plötzlich Heiko auf mich zu und gibt mir ein deutliches Zeichen. Oh, offensichtlich habe ich in die Pausen gesungen! Einzeldirigat nennt er das später. Naja, was solls. Meiner guten Stimmung tut das keinen Abbruch, aber jetzt konzentriere ich mich mehr auf sein Dirigat.
Wenig später folgt How I got over. Vigo erscheint zum Solo und dreht sich erstmal schwungvoll um seine eigene Achse, um die Pianistin für den Start zu fixieren. Publikum und Chor lachen, der Anblick ist einfach komisch! Aber das Lieblingslied des Chores ist dann ebenfalls (wie immer) sehr fröhlich und mitreißend. Auch hier in der Fischerkirche ist die Stimmung sehr gut, wenn auch das Publikum nicht ganz so zahlreich vertreten ist.
Oh happy day singt diesmal Gaby. Das heißt, sie singt ungefähr die Hälfte des Liedes, dann bekommt sie einen Hustenanfall. Sie dreht sich um und zeigt auf ihren Hals und dann auf Gitta. Im selben Moment sehe ich auch schon Gitta an mir vorbeigehen und das Mikro übernehmen. Souverän bringt sie das Stück zuende, wenn sie auch den sonst üblichen Text vergessen hat, aber es handelt sich hier schließlich um Improvisation. Super!
Jetzt ist unser Marathon nach drei Stunden Gesang beendet. Seitens unserer Zuhörer erhalten wir in nachfolgenden Gesprächen noch viele positive Rückmeldungen.
Und schließlich gehen wir ins Gemeindehaus, um wie gewohnt Kartoffelsalat und Würstchen zu essen. Geschafft aber glücklich lassen wir den Vormittag ausklingen!
Gaby von der Heydt