Foto: Einige von uns freuen sich hier gerade auf das Gospelprayer, wie man an den strahlenden Gesichtern erkennen kann...
Es ist wieder soweit: Chormeeting auf dem Koppelsberg!
In den letzten Tagen war ich nicht besonders motiviert. Trotzdem ich die Atmosphäre auf dem Koppelsberg liebe, überfordert mich das volle Wochenende mental. Ich muss mir meine Kräfte momentan gut einteilen und fürchte, dass es zuviel wird. Von unserem Chor haben sich diesmal nicht so viele Leute angemeldet, was ich sehr schade finde. Aber insofern will ich nicht auch noch absagen.
Schon, als ich aus dem Auto aussteige, ändert sich meine Stimmung. Irgendwie riecht die Luft hier anders….einfach nach Koppelsberg.
Da meine Schwester und ich diesmal nicht auf dem Koppelsberg übernachten werden (Gospelboat wurde gebeten, aufgrund der geringen Entfernung zwischenzufahren), müssen wir kein Zimmer beziehen und gehen direkt zum Abendbrot. Auf dem Weg dorthin bemerken wir ein neues Gebäude. Es ist die so genannte „Lounge“. Sie sieht sehr gemütlich und edel aus mit viel Holz und sogar Strandkörben.
Beim Abendbrot fällt mir auf, dass sich alles gut verteilt. Da die Außentemperaturen angenehm sind, essen einige draußen im dafür vorgesehenen Zelt. Darüber hinaus gibt’s im Speisesaal und in der Lounge ebenfalls Essen.
Nach dem Abendessen gehen wir hinüber in das Veranstaltungszelt. Nach und nach trudeln die ca. 400 Sänger und Sängerinnen ein.
Hartmut Naumann begrüßt die einzelnen Chöre und sagt jeweils einige Worte über den Chor. Über uns sagt er u. a.: „Es macht Spaß, Euch zuzuhören und mit Euch zusammenzuarbeiten!“ Seit 1998 haben wir nur ein einziges Chormeeting verpasst und zwar aufgrund der Tatsache, dass unsere Anmeldung nicht mehr berücksichtigt werden konnte.
An diesem Freitag stellt sich das Programm anders dar als in den letzten Jahren. Heute stellen sich nicht die einzelnen Chöre vor, sondern wir werden alle in verschiedene Chöre aufgeteilt, die sich mit einem Chorleiter zurückziehen und einen Gospel einstudieren. Ich bin im „blauen“ Chor, wir haben eine Chorleiterin, die ich nicht kenne. Unser Stück heißt: „Worship the lord“. Es gefällt mir sehr gut, und die Chorleiterin bringt uns das Stück tatsächlich in kurzer Zeit bei. Nur bei der Choreografie verweigere ich mich. Als ich zu "meinem" Chorleiter herüber blicke, der ebenfalls im "blauen" Chor singt, sehe ich auch bei ihm wenig Begeisterung für die Choreografie... ;-)
Nach einer Stunde treffen wir uns alle wieder im Zelt. Jetzt tritt Frie Bräsen auf den Plan, der uns ebenfalls begrüßt. Dann beginnt er, etwas über die Geschichte und Hintergründe des Gospels zu erzählen. Zu seiner Geschichte passend, präsentieren die fünf Chöre zwischendurch ihre geprobten Songs. Frie macht seine Sache wieder einmal sehr gut. Es ist interessant, ihm zuzuhören. Zudem beeindruckt mich, was die einzelnen Chöre in einer Stunde geschafft haben. Nach dieser Veranstaltung machen wir uns auf den Heimweg, während ein Teil des Chores in Richtung „Blue Note Bar“ geht. Später findet noch eine Andacht in der Kapelle statt. Aus Erzählungen erfahre ich, dass diese sehr schön ist.
Am nächsten Morgen treffen wir uns um 9:30 zum ersten Mass-Choir-Workshop. Der lang ankündigte „Special guest“ Njeri Weth hatte abgesagt. Dafür springt an diesem Wochenende Peter Hamburger ein, der uns seit langem vom Koppelsberg bekannt ist. Ich bin wie immer beeindruckt von seiner fröhlichen Ausstrahlung und seiner musikalischen Kompetenz! Das Einsingen ermüdet mich allerdings eher. Ständig verlangt er, dass wir uns strecken und vor allem stehen! Aufgrund meiner derzeit noch angeschlagenen Gesundheit ziehe ich es vor, sitzen zu bleiben. Die Stücke, die wir üben, überzeugen mich nur zum Teil. „This little light of mine“ ist allseits bekannt, und wir lernen eine andere Variante, die ich ganz schön finde! „Brokenhearted“ erscheint mir etwas zäh. „In your presence“ hat Peter selbst für Gottesdienste geschrieben. Er sagt, in diesen vier Zeilen sei alles enthalten, was ein Gottesdienst braucht. Na, wenn er das sagt, wird´s wohl stimmen. Die Melodie ist jedenfalls eingängig. Leider bekommen wir keine Noten, denn Peter meint, wir bräuchten keine. Nur den Text gibt er uns. Das kennen wir schon aus den vorgegangenen Meetings. Ich kann das nicht so recht verstehen. Mit Noten wären wir alle viel sicherer beim morgigen Gottesdienst. Meine Schwester meint: „Weißt Du noch, letztes Mal bei Micha Keding haben wir die Noten bekommen, und da konnten wir die Stücke richtig gut!“ Ja, so war das, aber viele Dozenten vertreten dazu einfach eine andere Meinung. Vielleicht überschätzen sie uns?
Schon vor halb eins knurrt mein Magen, und dann gibt’s auch endlich Mittagessen! Nudeln mit Geschnetzeltem und Salat, wie lecker. Das tut richtig gut nach diesem arbeitsreichen Vormittag. Jetzt haben wir eine längere Mittagspause, aber um 14:15 geht’s los mit den einzelnen Workshops. Da ich ein Fan von Ingo Hassenstein bin, gehe ich (bereits zum dritten Mal!) zu Bodypercussion. Da ich nicht so lange stehen kann, setze ich mich auf einen Tisch und sehe den anderen zu. Nach einer Weile klatsche ich die Rhythmen aber doch mit, es ist einfach ansteckend, und Ingo macht wieder einen guten Job! Diesmal hat er sogar seinen Laptop dabei, und einige Übungen werden von Musik begleitet.
Nach kurzer Zeit erscheint Marion, ein Mitglied des Koppelsberg-Teams und bringt noch einige Leute zum Workshop. Dabei teilt sie mit, dass Sammy, der eigentlich den Trommelworkshop leiten sollte, nicht erschienen ist. Oh, schade, denke ich, denn Gabi und ich haben einen Gutschein für den zweiten Workshop. Wenig später fragen wir bei einer Mitarbeiterin im Veranstaltungszelt nach, und sie erzählt uns, dass sie Sammy telefonisch erreicht hätte und er sich auf dem Weg zum Koppelsberg befinde. In diesem Moment sehen wir ihn auch schon. Er entschuldigt sich bei der Mitarbeiterin, indem er sagt, es gäbe keine Entschuldigung, alles wäre völlig klar gewesen. Er hätte es schlicht und einfach vergessen. Entwaffnend, diese Ehrlichkeit!
Naja, wir gehen erstmal in den Speisesaal und essen leckeren Erdbeerkuchen mit Sahne und sitzen anschließend noch nett zusammen mit einigen Gospelboat-Leuten auf der Holzterrasse. Danach gehe ich zum Bootshaus zum Trommelworkshop. Sammy wartet bereits mit zahlreichen Trommeln. Später erfahre ich, dass Vigo ihm geholfen hat, diese hierher zu bringen. Ja, so sind die Gospelboatler! Ein Teil von Gospelboat übernachtet allerdings auch im Bootshaus.
Sammy hadert noch damit, dass er den ersten Workshop vergessen hat. Ich sage: „Das kann doch mal passieren“ und meine es auch so. Nach und nach trudeln 15 Teilnehmer ein, und wir starten. Sammy zeigt uns einen Rhythmus, und wir trommeln, was das Zeug hält! Dann machen wir eine kurze Pause und hören, dass es draußen anfängt zu gießen. Sammy wird plötzlich etwas unruhig. Er murmelt: „Mein Auto…“ und stellt einen Stuhl vor das Fenster. „Ich muss mal kurz aus dem Fenster“, höre ich ihn noch sagen, und dann ist er auch schon weg. Ich muss lachen! Nach kurzer Zeit kommt er aber zurück, und alles scheint gut zu sein.
Wir trommeln weiter. Alle wirken glücklich, wenn auch die Gesichter zum Teil eher angestrengt aussehen. Es erfordert auch wirklich höchste Konzentration! Jedenfalls geht es mir so. Aber zwischendurch blicke ich in die Runde und finde es einfach toll, dass ich hier mit den anderen sitzen und trommeln darf!
Es hat eindeutig etwas Meditatives, weil sich die Gedanken voll auf den aktuellen Rhythmus konzentrieren! Sammy teilt jetzt zwei Leute für größere Trommeln ein, die mit einer Art Paukenschläger gespielt werden. Wir anderen spielen Djembes mit der Hand. Inzwischen ist Herve´ (Gospelboat!) aufgetaucht. Er und Sammy kennen sich seit Jahren, sie sind beide Afrikaner und sprechen im wahrsten Sinne des Wortes dieselbe Sprache. Mir tun inzwischen die Hände weh….Herve´ kommt zu Gabi und mir und betrachtet prüfend die Innenseite unserer Hände! „Keine Probleme“, sagt er.
Also, dieser Workshop macht richtig Spaß, einige Leute trommeln jetzt eine Solostimme, und wir alle trommeln uns richtig in Rage! Sammy und Herve´ fangen an, afrikanische Lieder zu singen. Gabi und ich sehen uns an, und es ist klar: Trommeln und Singen gleichzeitig geht gar nicht! Und dann singt Herve´ „Akpe mada na Mawu“, was wir in den letzten Wochen mit seiner Unterstützung gelernt haben.
Zuerst gehe ich nicht darauf ein, aber er singt uns von hinten so penetrant ins Ohr, dass ich nach einer Weile aufgebe und wenigstens versuche mitzusingen. Als um viertel nach sechs Schluss ist, bin ich geschafft aber glücklich! Sammy erzählt dann noch, dass seine Hände vom Trommeln immer wieder einreißen. Er sagt: „Manchmal ist Trommel voll Blut, aber macht nix, dann hat man was getan.“ Na super! Gott sei Dank ist uns das heute erspart geblieben. Und ich finde, wir HABEN etwas getan!
Komischerweise habe ich schon wieder Appetit. Wir gehen in die Lounge. Meine Schwester kommt uns entgegen und sagt: „Es gibt Chili!“ Ich esse mit Begeisterung zwei Portionen, und anschließend machen wir uns auf den Heimweg, denn heute reicht es für mich. Die anderen nehmen später am zweiten Mass-Choir-Workshop teil und lernen für das morgige Gospelprayer noch ein weiteres Lied. Am nächsten Tag höre ich, dass Peter Hamburger anfangs nicht so recht zufrieden ist mit der Leistung des Chores. Nach dem Workshop gibt es noch eine Andacht, und dann ist auch dieser Tag bereits wieder vorbei.
Am folgenden Tag, dem Sonntag, treffen wir uns um 9:30 zum Soundcheck in der Kirche. Wir werden mit dem Bovenauer Chor zusammen „Sing a new song“ singen. Mareike und ich dürfen das Solo singen, wie schön!
Der Soundcheck geht zügig voran, wie immer ist alles perfekt organisiert. Das sind wir vom Koppelsberg-Team nicht anders gewohnt, aber es beeindruckt mich immer wieder sehr!
Wir üben nochmals unsere Mass-Choir-Stücke, wobei sich bei mir da einige Lücken auftun. Aber Peter Hamburger singt übers Mikro mit und gibt uns immer wieder den Text vor, und dann geht es doch ganz gut. Auch Peter ist zufrieden!
Nach einer kurzen Pause beginnt der Gottesdienst. Wie bei jedem Chormeeting gestaltet sich dieser sehr schön! Es ist einfach eine gute Mischung aus den Stücken der einzelnen Chöre, den Songs, die Hartmut Naumann mit Gitarre begleitet und mit allen singt, der Predigt von Frie Bräsen und natürlich den Mass-Choir-Stücken mit Peter Hamburger. Bei unserem Stück (Gospelboat und Kleine Kantorei Bovenau) können alle mitsingen, und viele tun das auch, was ich sehr schön finde.
In der Predigt geht es heute um die Frage „Wie geht es Dir?“ Die Amerikaner antworten darauf meistens „Fine!“ und gelten schnell als oberflächlich. Die Deutschen sagen so was wie „Muss ja!“ oder Ähnliches. Nur selten sagt jemand: „Mir geht’s richtig gut!“ und dann ist der Fragende eher bass erstaunt. Frie spricht auch über einen Mann, der 38 Jahre krank im Bett gelegen hat und von Jesus gefragt wird, ob er gesund werden will. Frie vertritt die Meinung, dass sich Kranke dafür entscheiden müssen, gesund zu werden! Nach meinen eigenen Erfahrungen glaube ich das auch, frage ich mich aber doch: Ist es nicht vermessen zu glauben, dass ich diese Entscheidung letztlich treffen kann? Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, es ist so wie Frie sagt. Jedenfalls begeistert mich seine Predigt wie immer, denn ich bin voll bei der Sache. Er sagt auch, dass das Chormeeting der Seele guttun würde, ja, und so empfinde ich es auch immer wieder!
Insgesamt eine runde Angelegenheit, finde ich! Nach knapp zwei Stunden singen wir das letzte Lied „My desire“ mit dem Mass-Choir, und dann ist der Gottesdienst vorbei. Leicht erschöpft aber zufrieden gehen wir zum Gemeindehaus hinüber, und ich unterhalte mich mit Andrea und Frie noch kurz über die Predigt. Im Gemeindehaus gibt’s einen kleinen Imbiss, und dann verabschieden sich nach und nach die Sänger und Sängerinnen.
Ich kann nur sagen: Danke dem Koppelsberg-Team, dass es uns immer wieder diese unvergesslichen Wochenenden ermöglicht!!!
Gaby von der Heydt